Biologisches zu Angst & Stress

Nach Gerald Hüther, Manfred Spitzer u. A.

Die neuere Gehirnforschung hat sich eingehend mit den verschiedenen Funktionen des Gehirn beschäftigt und interessante Erkenntnisse gewonnen. Bei Gefahr, Angst und Stress werden uralte biologische Mechanismen aktiviert, welche uns in unserer Evolution das Überleben gesichert haben und die wir mit fast allen Lebewesen auf dieser Erde gemeinsam haben. Es war sehr sinnvoll, dass, wenn der Löwe um die Ecke kam, wir nicht mehr unser Frontalhirn benutzten, also uns Gedanken darüber machten, welches wohl der taktisch geschickteste Weg wäre, dem Löwen zu entkommen, sondern unser Stammhirn– welches zudem noch um ein Vielfaches schneller arbeitet – sofort die Gefahr erkannte und in Aktion trat, wodurch wir blitzschnell den nächsten Baum sahen und im Handumdrehen hinauf klettern konnten, ohne dass es uns anstrengend erschien. Dass dazu zusätzlich unser Immunsystem heruntergefahren, das Blut von der Verdauung in die Gliedmaßen geschickt und unser Schmerzempfinden herabgesetzt wurde, war dem schnellen Entkommen sehr zuträglich. Denn der gestern verstauchte Knöchel tat auf einmal nicht weh und um die noch nicht ganz auskurierte Infektion konnte sich der Körper gut wieder kümmern, als wir sicher auf dem Baum saßen. Siehe auch Grafik nächste Seite.

Nun sind wir aber in unserer modernen Gesellschaft oft Angst- und Stresssituationen ausgesetzt, für die dieser alte, in unserem Stammhirn verankerte Mechanismus eine relativ schlechte, um nicht zu sagen kontraproduktive Lösungsmethode ist. In Arbeit, Schule, Kindergarten und Familie, sind wir immer wieder mit Angst und Stress konfrontiert und unser Körper reagiert unbewusst nach dem oben beschriebenen Muster. Man kann sich leicht vorstellen, dass, um eine Stresssituation in der Arbeit gut zu bewältigen, der oben beschriebene Mechanismus, bei dem wir weniger logisch handlungsfähig sind, nicht zur schnellen und konstruktiven Lösung des Problems führt, sondern eher das Gegenteil bewirkt. Häufen sich solche Situationen oder wird der Stress gar zum Dauerzustand, hat dies nicht nur extrem negative Folgen für unser psychisches Wohlbefinden, sondern auch negative gesundheitliche Folgen.

Als Erwachsene können wir, wenn wir uns klar gemacht haben, was passiert, mit diesen Stress- und Angstsituationen bewusst umgehen und dementsprechend gegensteuern. Wir können lernen, unseren Angst- bzw. Stresslevel festzustellen, wir lernen, was Stressoren für uns sind und wie wir mit ihnen umgehen können, und wir können bewusst Maßnahmen ergreifen, unseren Stresslevel zu reduzieren. Viel schlimmer ist es aber für Babys, Kinder und Jugendliche, denn sie haben noch keine oder nur sehr eingeschränkt die Möglichkeit, mit ihrem Angst- bzw. Stresslevel bewusst umzugehen und sind somit dem natürlichen Mechanismus ausgeliefert. Insofern sind wir als Erwachsene dazu aufgefordert

  1. unseren eigenen Stress und unsere Angst bewusst zu erkennen und geeignete Maßnahmen zur Regulierung vorzunehmen – das alleine wirkt schon als Vorbild auf unsere Kinder.
  2. Maßnahmen zu ergreifen, unsere Kinder vor Angst und Stress zu schützen
  3. ihnen mit wachsendem Alter beizubringen, wie sie mit Angst und Stress umgehen, wie sie ihren Stresslevel steuern und wie sie Stressoren erkennen können.

Ist Freude der vorherrschende Gefühlszustand tritt genau das Gegenteil ein. Wir fühlen uns wohl und sind vor allen Dingen bereit, uns neuen Herausforderungen zu stellen.

Natürlich sind die Übergänge zwischen den beiden Zuständen fließend und es gibt die verschiedensten Zwischenzustände, dazu mehr in „der innere Aufzug “.

Titelbild von Gerd Altmann auf Pixabay

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